MZ v. 14.07.2009 "SPD und Linke verlassen fast geschlossen den Sitzungssaal"
Niederlage für Demokratie im Rathaus!
Niederlage für Demokratie im Rathaus!
Nicht aus einer emotional geführten Debatte heraus, sondern durch eiskalte Planung und blauäugige Verfahrensweise hat das Ansehen des Stadtrates und der praktizierten Demokratie im Rathaus der Lutherstadt Eisleben am 13. Juli eine derbe Einbuße erlitten.
Entgegen eindringlicher Bedenken fast aller Fraktionen wurde dieser Termin von der Verwaltung zu einem Zeitpunkt angesetzt, zu dem es mit hoher Wahrscheinlichkeit eine dürftige Teilnahme am Stadtrat geben würde. In solchen Erwartungen (hoffentlich?) lag der große Irrtum der Stadtverwaltung.
Eine ganz andere Sache ist der offensichtliche Boykott der Ab- und Zustimmung durch die CDU. Besser und anschaulicher konnte man nicht seine bisherigen Beweggründe gegen einen städtischen Eigenbetrieb der Kindertagesstätten als vorgeschoben und geheuchelt unter Beweis stellen. Nachdem nun der entscheidende Faktor ihrer Ablehnung, angebliche negative Folgen für die Stadt auf finanziellem Gebiet, sich unter dem Einfluss tariflicher Aspekte/ Überlegungen ins Gegenteil gewandelt hat, gibt es für einen gesunden Verstand nunmehr gar keinen objektiven Hinderungsgrund mehr, der Gründung eines Eigenbetriebes zuzustimmen. Es müssen andere Gründe, womöglich private Interessen sein, die es lohend erscheinen lassen, den demokratisch formulierten Willen einer großen Mehrheit des Stadtrates zur Eigenbetriebsgründung einfach zu ignorieren und nach Wegfall ihrer Hinderungsgründe auf einer früheren Ablehnung zu beharren... Wie auch immer, die Verhaltensweise der CDU-Fraktion mit ihren derart verpflichtendem Namen hat in dieser Art und Weise nichts mit christlich und demokratisch zu tun...
Statt sich auf die Andersdenkenden zuzubewegen, die Sache auszudiskutieren und zu versuchen zu überzeugen, steckt man nach Vogel-Strauß-Manier den Kopf in den Sand und brüskiert die anderen. - Oder war es die angst vor der wieder zu erwartenden öffentlichen Meinung der potenziell Betroffenen, wenn es nach dem Willen der CDU zu einer Privatisierung der Kindergärten käme, der Anwesenheit vieler Bürger bei einer eventuell zu erwartenden namentlichen Abstimmung? Auch für diesen Fall wäre das an den Tag gelegte Verhalten, das Fernbleiben von der Sitzung, nicht zu rechtfertigen.
Insgesamt hat die CDU sich, dem Stadtrat und der Stadt einen Bärendienst geleistet. Sie steht da, als politische Kraft im Stadtrat, unfähig zur Erkenntnis, unfähig zur Akzeptanz demokratischer Mehrheiten und überdies scheinbar an einen Fraktionszwang gebunden, der nur mit einer diktatorischen Führung verglichen und erreicht werden kann. Der Stadtrat wird als Spielfeld parteipolitischer und privater Machtkämpfe missbraucht, indem nicht Erkenntnis und Einsicht das Sagen haben, sondern Gründe eine Rolle spielen, die man offen zu legen offensichtlich nicht fähig oder gewillt ist.
Der Stadt droht nun ein tatsächlicher Schaden in beträchtlicher Höhe durch die mögliche Aufkündigung von Tarifverträgen - mit verheerenden Folgen für Kinder und Arbeitnehmer und Stadthaushalt als Ergebnis einer Verweigerung von Stadträten entgegen aller Vernunft. Sie könnten jetzt guten Gewissens den Bedingungen zustimmen, deren Fehlen sie vordem zur Begründung der Ablehnung gemacht haben, tun sie aber nicht. Letztlich stellt sich für den Wähler zwingend die Frage nach der Glaubwürdigkeit einer von ihnen gewählten Vertretung im Stadtrat, die nicht in der Lage oder gewillt ist, ihre wahren Motive für ihr Handeln (Verweigerung um jeden Preis) öffentlich darzulegen.
Hans Köhler
Vors. Fraktion DIE LINKE im Stadtrat Eisleben